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Meine persönlichen Erfahrungen mit dem Beginn der Wechseljahren 

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Wie so häufig, wird einem manches erst in der Rückschau deutlich. So war das auch bei mir mit den ersten Symptomen der Wechseljahre, in einer Zeit, in der ich sie noch gar nicht wirklich vermutet hätte...

Schon in meiner Pubertät und nach der Geburt meiner Tochter habe ich immer sehr sensibel auf hormonelle Veränderungen reagiert und ein immer wiederkehrendes Symptom bei diesen hormonellen Episoden waren Schlafstörungen.

Mit Ende 30/Anfang 40 hatte ich mit Einschlafproblemen zu kämpfen, so dass ich oft die ganze Nacht nicht schlafen konnte und mein Hausarzt meinte, das läge sicherlich am Stress, ich solle mal für vier Wochen Schlaftabletten nehmen, dann würde sich das beruhigen. Dem war auch so, aber nach 2 Jahren traten diese Schlafstörungen und nächtliches Schwitzen wieder verstärkt auf. Diese Schlafproblematik versetzt mich in einen regelrechten Panikmodus - vor jeder Nacht hatte ich Angst. Ich bekam Tropfen, die schlaffördernd wirken sollten und zu Hause las ich auf der Verpackung, dass dieses Medikament zu der Gruppe der Antidepressiva gehöre. Als ich das las, dachte ich, dass ich dann zusätzlich eine Verhaltenstherapie beginnen sollte, damit ich nicht nur die Symptome bekämpfe, sondern auch etwas gegen die Ursachen der Schlaflosigkeit unternehmen. Bei meiner damaligen Gynäkologin machte ich in der Zeit wegen starker Regel-Blutungen und Brustschmerzen auch einen Termin, und erzählte von der Schlaf- und nächtlichen Schwitzproblematik, aber da sagte sie mir, dass könne wegen meines Alters und regelmäßiger Menstruation überhaupt gar nichts mit den Wechseljahren zu tun haben. Wie oft mussten Frauen diesen Satz eigentlich schon hören?

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Ich fing die Verhaltenstherapie für einen entspannten Umgang mit den Schlafstörungen an und es fühlte sich anfangs gut an, mal mit jemanden nur über mich zu reden, aber schon bald stellte ich fest, dass ich nicht so richtig wusste, welche Probleme ich überhaupt besprechen sollte. Tipps, für den Umgang mit der Schlafproblematik, die ich mir von einer Verhaltenstherapie versprochen hatte, bekam ich leider nicht...

In den nächsten zwei Jahren konnte ich dann zunächst wieder besser schlafen und alles ging so seinen Weg. Mein Zyklus war verändert, nächtliches Schwitzen, Gelenkschmerzen und die Halswirbelsäule wurden auch immer mal wieder zum Thema, aber der Zusammenhang zu den Wechseljahren war mir zu dem Zeitpunkt noch nicht bewußt...

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Dann kam der Sommer 2021 und auf der Fahrt in den Urlaub ging es mir plötzlich ziemlich schlecht. Ich war körperlich total erschöpft und weinerlich, starke Rückenschmerzen und Schlaflosigkeit kamen hinzu. Ich hatte vorher eine sehr fordernde Zeit im Job gehabt und dachte, das sei der Stress, wohlmöglich Burnout. Wieder zu Hause hielten die Schlafprobleme und die depressive Stimmung an, ich fühlte mich mir selbst fremd. Ich konnte keinen Grund für diesen plötzlichen Stimmungsumschwung finden. Es folgten weitere schlaflose Nächte und ich war mittlerweile völlig verzweifelt (die Ärzte waren mir da leider keine wirkliche Hilfe), so verzweifelt, dass ich mich auch in eine Klinik hätte einweisen lassen, wenn mir das vor allem mit dem Schlafen geholfen hätte. Ich war zu diesem Zeitpunkt überzeugt, dass ich eine Depression haben musste und gleichzeitig aber - tief in meinem Inneren - wiederum absolut sicher, dass das nicht sein konnte, da ich mir dafür keinen Grund vorstellen konnte.

 

Meine Rettung war, dass meine Eltern uns besuchten und wir beschlossen, dass meine Tochter und ich in den restlichen Sommer-Ferien mit zu ihnen fahren, da ich zu dem Zeitpunkt das Gefühl hatte, meinen Alltag nicht mehr wirklich gut stemmen zu können. Bei meinen Eltern kontaktierte ich den Hausarzt und Freund der Familie, der mir zunächst ein Antidepressivum verschrieb, dass vor allem die Schlafproblematik verbesserte. Ich kündigte meinen Job, da ich Angst hatte, dass der Druck für mich in dieser Zeit zu viel sein würde. In den nächsten Wochen ging es dann bergauf und ich kam wieder zu mir, aber ganz wie ich selbst fühlte ich mich  noch immer nicht.

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Wieder zuhause, sprach ich mit meiner Nachbarin, die eine allgemeinmedizinische Praxis hat und schilderte ihr die Zeit, die ich hinter mir hatte und welche Symptome mir das Leben schwer gemacht hatten. Sie äußerte als erstes die Annahme, dass das ganz bestimmt mit den Wechseljahren zusammenhängen würde, sie hätte das selber ähnlich erlebt und riet mir, für den ersten schnellen Befund einen Speicheltest zu machen. Daraufhin bestellte ich einen Speicheltest und das Buch „Woman on fire“ von Dr. Sheila de Liz.

Als ich das Buch las, liefen mir die Tränen... auf einmal hatte ich den Grund für all das, was ich die letzten Jahre erlebt und durchgemacht hatte, schwarz auf weiß vor mir. Ich konnte es nicht fassen! Wie konnte das sein, obwohl ich mehrmals mit der Frage nach den Wechseljahren bei der Gynäkologin gewesen bin? Der Speicheltest brachte ein eindeutiges Ergebnis, was durch meinen neuen Gynäkologen dann auch bestätigt wurde: Wechseljahre, Perimenopause, Östrogendominanz... viele Symptome ließen sich damit erklären. Ich bekam zunächst Progesteron verordnet, dass ich zyklisch einnahm, und nach ein paar Tagen war ich endlich wieder ich selbst. Zusätzlich habe ich in dieser Zeit mit neuen Routinen begonnen: so gut wie täglich ging ich walken, ging zum Yoga und mit Hilfe einer App meditierte ich und achtete ich noch mehr auf meine Ernährung. Das Glücksgefühl, wieder bei mir zu sein, das kann ich bis heute abrufen. Die Phasen in meinem Leben, in denen ich es mit depressiven Stimmungen zu tun hatte, ließen sich auf einmal ganz deutlich mit meiner Sensibilität für hormonelle Schwankungen in Zusammenhang bringen.

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Seitdem hat mich das Thema Wechseljahre nicht mehr losgelassen. Diese Ungerechtigkeit, dass wir Frauen über diese Lebensphase nicht aufgeklärt werden, bei den Fachärzten keine Unterstützung erhalten, Antidepressiva verschrieben bekommen, ohne erstmal genau zu analysieren, ob eine wirkliche Depression vorliegt (dabei möchte ich gar nicht den Einsatz von Antidepressiva kritisieren, sie können auch ein probates Mittel sein, damit es einem besser geht!), die Diagnose Burnout schnell gestellt wird, Frauen in Kliniken sitzen, die eigentlich hormonelle Unterstützung/Beratung benötigen etc., all das hat mir ein Gefühl der Solidarität mit Frauen in dieser Lebensphase - aber auch insgesamt mit Frauen - gegeben.

Wir sollten in dieser Lebensphase füreinander da sein, uns austauschen, dann ist das alles zu schaffen. Wir müssen unseren Kindern einen anderen Umgang mit den Wechseljahren vorleben, damit sie aufgeklärt sind. Der Druck aus der Gesellschaft muss so groß werden, dass im Medizinstudium die Ärzte mit diesem Thema viel mehr konfrontiert werden und es relevanter für den Lehrplan wird.

Es kann und darf nicht sein, dass wir ferne Galaxien erkunden können, wir aber in den Wechseljahren noch auf dem Fortschrittsstand Pferdekutsche stehen. Dagegen möchte ich etwas unternehmen. Und wenn ich nur einer Frau helfen könnte, dass sie nicht durch so eine schwere Zeit gehen muss, wie ich sie erlebt habe, dann hat sich das alles gelohnt.

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